Mit diesem Beitrag beschäftige ich mich mit einer Welt, die ich sehr interessant finde: Ardeen. Es handelt sich um eine Fantasy-Welt auf der mittlerweile schon 10 Bücher um den Magier Eryn spielen. Ich lese derzeit den 5. Band der Buchreihen Ardeen, in dem Eryn schon einiges drauf hat und sicher kein kleiner Anfängermagier mehr ist, auch wenn das nicht wirklich anerkannt wird.
Was mich an den Geschichten, und damit an dem Weltentwurf, besonders anspricht, ist das Fehlen eines „Gut-Böse-Schemas“.
Es gibt echt fiese und egoistische Charaktere, Verrat, Ausbeutung und definitiv niedere Beweggründe, wie Rache, Gier oder auch einfach Egomanie. Aber es gibt kein höheres Gut oder Böse. Die Menschen in dem Roman sind auch nicht gut, weil sie zur guten Seite gehören, oder Böse um Böse zu sein, wie das ja in vielen Fantasy-Romanen beliebt ist. Oft ist es eine Frage des Standpunktes, ob jemand als Gut oder Böse eingeordnet wird.
Die Charaktere haben Interessen, Überzeugungen, Wünsche und Ängste aufgrund derer sie handeln, was oft genug den Interessen, Überzeugungen, Wünschen und Ängsten anderer Personen entgegenläuft, und das führt dann zu Konflikten und Spannung.
Mir persönlich gefällt das deutlich besser, als das im Fantasybereich so häufige Böse, dass einfach Böse ist um Böse zu sein. Warum sollte das jemand tun? Wie Spike aus Buffy so schön meinte, ist es doch toll, wenn das Essen einfach auf der Straße rumläuft. Der Weltuntergang bringt keinem etwas, auch nicht den Bösen.
So geschieht es auch in dem Roman, dass Verrat an den Protagonisten durchaus aus hehren Motiven geschieht, und man gar nicht so sicher ist, auf welcher Seite man nun steht, weil auch die Motive der Gegner verständlich sind, was die Romane interessant macht.
Einen recht guten Leitfaden, was mir an den Romanen gefällt, bietet die Seite „Missstände“ auf der HP von Ardeen. Hier zählt die Autorin auf, was ihr alles in Fantasyromane zuweilen negativ auffällt, und tatsächlich vermeidet sie diese Punkte im Wesentlichen.
Ich teile ihre Meinung nicht in jedem Punkt, z.B. finde ich es völlig ok, wenn Nordland Barbaren Heimdahl und die Wüstenbewohner Hasran Al Sharif heißen. Ich habe nichts dagegen, unsere Welt als Vorbild zu nehmen, finde es aber auch interessant, wenn es mal anders gemacht wird.
Ich halte es auch für utopisch, dass man sich mit allem auskennt, über das man in einem Roman schreibt. Da ich nun selbst unterrichte, und mich mit dem Thema lernen, speziell lesen und schreiben lernen, auskenne, hätte ich da auch in der Entwicklung von Eryn noch ein paar Anmerkungen, doch das geht vermutlich nur mir, deren Gebiet das ist, so und die Geschichten verlieren dadurch nicht. Es ist nur der eine Punkt, von dem ich eben etwas verstehe – und ich bin mir sicher, dass auch in meinen Romanen entsprechende Fehler zu finden sind, egal wie gut ich recherchiere.
Viel wichtiger finde ich aber andere Punkte, in denen ich der Autorin zustimme:
Wesentlich ist, dass ich mit jedwedem „Gut-Böse-Schema“ nichts anfangen kann. Und ich ziehe auch eine realistische Charakterentwicklung vor, in der man nicht nach ein wenig Üben zum besten Schwertkämpfer der Welt wird und den Drachen besiegt. Nein, das braucht Zeit, und die vergeht auch in den Romanen bis Eryn ein brauchbarer Magier ist und sein Freund zum ernsthaften Schwertkämpfer wird.
Ein weiterer Punkt ist die Magie von Ardeen, die ich wirklich spannend finde. Es gibt 12 Kreise der Magie die verschiedenen Gebieten (wie Feuer oder Wasser) und 12 Farben zugeordnet sind. Das hat mich natürlich schon deshalb angesprochen, weil auch mein System auf der Zahl 12 beruht.
Auf Ardeen ist nun jeder Mensch mit etwas Magie bedacht, nur ist diese bei vielen sehr schwach, so dass es sich nicht lohnt sie auszubilden. Oft ist es einfacher, die Dinge schnell selbst zu erledigen.
Magier verfügen nicht über mehr Kreise der Magie als Unmagische, sondern über eine stärkere Ausprägung derselben. Dabei verfügen Menschen über unterschiedliche Mengen an magischen Kreisen. Manche können nur auf ein oder zwei Kreise zugreifen, andere auf mehrere.
Insgesamt entsteht so ein interessantes Magiekonzept.
Die Welt von Ardeen hat also einiges zubieten:
- Glaubhafte Charakterentwicklung.
- Ein spannendes Magiesystem.
- Ausgearbeitete Interessen und Motive der handelnden Charaktere, statt eines Gut-Böse-Schemas.
- Interessante und witzige Ideen, wie den Forscherdrachen Vedis.
Nur eine Sache hat mich wirklich gestört: Bis zum 5. Band besteht Ardeen nicht ansatzweise den Bechdel-Test. Frauen kommen vereinzelt vor, grundsätzlich mit einem Bezug zu den männlichen Protagonisten, wie Frau von…, Mutter von…., Tochter von… und entsprechen klassischen weiblichen Klischees.
Im Kontext einer Fantasygemeinde, mit immer mehr interessanten und ausgefeilten weiblichen Charakteren und Romanfiguren, kann man das aber durchaus mal verschmerzen.