Das Nornennetz

Es hat lange gedauert, bis ich eine Heimat für meine Fantasygeschichten gefunden habe. Die einen verstanden meine Charaktere einfach nicht, suchten Erklärungen für Verhalten, das mir völlig normal erschien und konnten mit politischer Motivation nichts anfangen, die anderen wollten kein Fantasy.

Mit dem Stichblatt-Verlag fand ich dann das, was ich suchte. Meine Charaktere passten ebenso wie das Genre: Fantasy. Meine Suche war dennoch noch nicht zu Ende. Es ist immer gut, wenn man nicht gut vernetzt ist, und so stieß ich auf das Nornennetz.

Ein Netzwerk für Frauen, und alle die sich nicht dem männlichen Geschlecht zuordnen, die Fantasy schreiben. Dabei geht es schlicht darum, dass es für alle, die keine Cis-Männer sind, schwieriger ist, auf dem Autor:innenmarkt zu bestehen und nicht darum Männer abzulehnen oder auszuschließen.

Da ich nun kein Cis-Mann bin, Fantasy und Mystery schreibe und auch politisch und gesellschaftspolitisch ins Schema des Nornennetzes passe, habe ich mich dann einfach mal beworben.

Und schon war ich auf dem Discord-Server der Nornen, konnte mitschreiben, fragen und die Nornen kennenlernen. Nach einem Monat wurde ich dann zur Norne gekürt und bin seit dem dabei. Das ich nur am Wochenende Zeit für das Netz habe, ist völlig ok. Auch dass ich vieles noch lernen muss, stört nicht. Ich bekomme einfach Antworten auf meine Fragen und bemühe mich weiter.

Engagement wird schon erwartet, aber dafür bin ich ja auch dabei. Zusammen sind wir stärker, wenn wir uns alle einbringen, nicht wenn wir nur warten, dass eine andere es macht.

Tja, nun war ich schon auf der Buchberlin, und werde – so es denn möglich sein wird – gemeinsam mit den Nornen zur Leipziger Buchmesse fahren.

Eine wirklich spannende und nette Mischung aus Menschen, deren Bücher im Bereich der Fantasy und Mystery angesiedelt sind. So war eine meiner ersten Aktionen, meinem Mann mal den Link zum Nornenblog rüber zu reichen, denn dort findet man unter anderem die Bücher und Autorinnen des Netzwerks, was damals sehr passend war: Ich hatte kurz nach meinem Eintritt ins Nornennetz Geburtstag.

Daher finden sich auch auf meinem Blog schon ein paar Bücher von Nornen:

Roxane Biker

Nora Bendzko

und weitere werden folgen. Gerade lese mit großer Begeistgerung ich „Höllentrip und Seelenstrip“ von Corinna Schattauer.

Weihnachten ist vorbei, aber die ein oder andere hat nun eventuell etwas Geld um es in Büchern anzulegen, da lohnt sich ein Blick auf unsere Seiten schon.

Wir schreiben aber nicht nur, wir lesen auch, und teilen unsere Eindrücke, und man findet auch Kurzgeschichten auf dem Nornenblog. Z.B. der Adventskalender, mit kleinen Geschichten aus Nornenfeder. Die Geschichte zum 31.12. wird von mir sein.

Womit das Netz der Nornen nicht nur für die interessant ist, die Bücher schreiben, sondern auch für die, die gerne interessante Bücher lesen.

Also, viel Spaß beim stöbern und lesen.

Die schwarze Stadt von Midgard

Die Welt Midgard ist bestimmt von den Gesetzen der Natur. Nirgendwo sind diese Gesetze so streng und unerbittlich wie hier auf Midgard. Was wir auch glauben, sehen oder welchen Prinzipien wir folgen, es interessiert die Welt schlicht nicht.

Midgard ist die Welt der Natur. Wetter, Wachstum, Naturphänomene, alles folgt den Regeln von Physik, Chemie und Biologie. Das mag erschreckend klingen, hat aber auch etwas Konstantes und damit Beruhigendes in sich. Es gibt einen klaren Rahmen vor, in dem wir uns bewegen und auf den wir uns verlassen können. Dumm ist nur, dass Menschen nicht sehr gut darin sind, diesen Rahmen zu erkennen und sich nach ihm zu richten.

Trotzdem ist auch das Übernatürliche auf Midgard beheimatet. Hexen, Alben, Magier und Nornen leben hier ebenso wie Sphären, Vampire, Geister und Zombies. Sie alle haben ihre Kräfte, ihre Gaben und Magie, und sie alle haben mit der Macht der Natur auf Midgard zutun.

Der Mensch ist auf Midgard die dominante Spezies und das gefährlichste Raubtier. Recht schnell haben Menschen sich eine Welt geschaffen, in der ihnen kein Tier gefährlich werden kann, bis noch ein Feind übrig bleibt: Der Virus. Krankheiten raffen Menschen dahin, solange es Menschen gibt. Nur kurz gelingt es Menschen Viren und Bakterien zu bezwingen und sich vor Krankheiten sicher zu wähnen, doch immer wieder erscheinen neue Viren auf der Bühne, gelingt es Bakterienstämmen sich den Menschen als Lebensraum zurück zu erobern und immer weniger nutzen die Bemühungen der Menschen durch Impfungen und medizinische Forschung der Krankheiten Herr zu werden.

Über kurz oder lang verlieren wir und sehen einen letzten Ausweg:

Die schwarze Stadt, die Stadt des Widerstandes gegen überbordendes Leben, das seine eigenen Wirte frisst. Atarpolis wird im Jahr 2463 gebaut um dem Ende Einhalt zu gebieten. Die Stadt schwebt als schwarze Kugel über der Antarktis. Es gibt nur einen Zugang, welcher nur passierbar ist, wenn er aktiv von innen geöffnet wird.

Bedingung für den Zutritt zur Stadt ist die Freiheit von Viren und Bakterien, weshalb es zeitaufwendig ist, hier herein zu kommen.

Wer es in die Antarktis bis zum Auffanglager schafft, wird auch sehr schnell der ersten medizinischen Untersuchung unterzogen. 24 Stunden lang werden Proben genommen, Messungen durchgeführt und Körperwerte gemessen. Dann entscheidet sich, ob man in die Quarantänezone kommt, oder gleich ausscheidet. Einziger Maßstab ist hierfür die Ansteckungsgefahr. Alle anderen Krankheiten, Charaktereigenschaften oder Fähigkeiten interessieren an diesem Punkt nicht.

Wer nicht Gefahr läuft, andere Menschen anzustecken, kommt nun für einen Monat, also 30 Tage, in die Quarantänezone.

30 Tage in einer Wohnung mit insgesamt 12 Personen ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. Nahrung und notwendige Medikamente werden gestellt, auch Kleidung bekommt man, so wie Internetzugang, Filme, Bücher und verschiedenste Unterhaltungsmöglichkeiten. Hier geht es um die Vorsicht: Sollte das System am ersten Tag eine Krankheit übersehen haben, wird sie sich innerhalb von 30 Tagen sicher zeigen.

Wieder interessiert nur die Freiheit von Viren und gefährlichen Bakterien.

12 Personen sind in einer Wohnung, um der Einsamkeit vorzubeugen. Hieraus entstehen häufig tiefe Freundschaften, deutlich häufiger als Feindschaften und Konflikte. Der Wohnraum ist ausreichend groß bemessen, dass die Menschen ihre Rückzugsmöglichkeiten haben.

Wer den Monat ohne Krankheitsausbruch übersteht, wird in das Camp entlassen.

Hier bleibt man ein ganzes Jahr. Es geht darum zu lernen, wie man in der Stadt lebt, welche Regeln dort gelten, welche Sprache gesprochen wird und welche Aufgaben warten.

Wie überhaupt die schwarze Stadt, kann man das Camp leicht verlassen, aber nur schwer wieder betreten. Nur ein Weg führt in die Stadt: Über die medizinischen Untersuchungen, die Quarantäne und das einjährige Camp kann man erneut die Möglichkeit bekommen, in die schwarze Stadt zu gelangen.

Dafür lebt man dort sicher vor Krankheiten, die sich im 21. Jahrhundert immer schneller und aggressiver auf Midgard ausbreiten.

Die Gesetze der Natur sind hier nun mal unerbittlich.

Buchrezension: Kindsräuber von Nora Bendzko

Eine Müllerstochter, ein seltsames, kleines Männchen, verschwundene Kinder und eine verzweifelte Königin. Das sind die Zutaten zu einem bekannten Märchen: Rumpelstilzchen.

Sehr schnell wird deutlich, dass sich das Männchen genauso nennt, wie das Märchen heißt, und dass es da einen Zusammenhang gibt, zwischen dem kleinen unheimlichen Wesen und dem Verschwinden der Kinder und da Alene, die Müllerstochter, schwanger ist, macht sie die ganze Geschichte um Rumpelstilzchen und den verschwundenen Kindern natürlich höchst nervös.

Doch beginnen wir am Anfang: Bevor sie schwanger ist, in den ersten Jahren des 30 jährigen Kriegs, und schon gezeichnet vom Armut und Entbehrung, sieht sie ihn zum ersten Mal. Das kleine, schwarze Männchen, verunstaltet und unheimlich, das sich selbst als Rumpelstilzchen bezeichnet.

Wer da hockt und singt, und schwangere Frauen in Angst und Schrecken versetzt ist sehr schnell klar. Das Märchen vom Rumpelstilzchen kenne ich gut, und konnte mir sehr gut das kleine Männchen vorstellen, das ums Feuer hüpft und sinkt: „Heute back ich morgen brau ich, übermorgen klau ich der Königin ihr Kind. Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“

Vieles an dieser Szene im Prolog der Geschichte hat eine Bedeutung, die später erst offensichtlich wird. Es hat sich tatsächlich gelohnt, nach dem ich das Buch gelesen habe, noch einmal den Prolog zu lesen, um zu sehen, was da alles schon an Hinweisen auf den späteren Verlauf der Geschichte zu finden war.

Zwei Jahre nach dieser ersten Begegnung mit dem kleinen Männchen, der als schwarzer Junge bezeichnet wird, ist Alene schwanger, immer noch bitter arm und sieht erneut den hässlichen Jungen mit der schwarzen Haut.

Da es kein Märchen im üblichen Sinn ist, sondern ein Galgenmärchen, sind die Bilder nicht bunt und malerisch gemalt, sondern ausgesprochen grau und elend. Es ist Krieg, es herrscht Hunger und der König ist doch eher Bedrohung als alles andere. Im Elend steht der Büttel da und hält die Hand auf, was nicht daran liegt, dass dies der falsche König sei, sondern einfach so ist, im Prag des 17. Jahrhunderts.

Eine sehr realistische und wenig märchenhafte Darstellung des damaligen Lebens, die mir sehr zusagt. Und doch sind da auch schöne, märchenhafte Momente. Liebe, Güte und Loyalität finden sich auch im schlammigen Grau in Grau des von Krieg gezeichneten Prags, wie zarte Blumen die aus dem Matsch einer Straße im Frühjahr ans Sonnenlicht streben, wenn es noch zu kalt ist, aber doch ein paar Blumen ihren Weg an die Sonne suchen.

Und am Ende wartet doch tatsächlich ein Happy End, wenn auch auf andere Weise, als man am Anfang denken würde. Und da sind wir an dem Teil, der mir an dem Buch am Besten gefallen hat. Auch wenn ich jetzt natürlich nicht schreiben werde, was genau das ist, was mir so gefallen hat.

Eine überraschende Wendung ist ja keine überraschende Wendung mehr, wenn man weiß, was passiert. Ich sage nur so viel, das vieles am Ende nicht so ist, wie es am Anfang aussah.

Kindsräuber
ein Galgenmärchen von Nora Bendzko