Generell schreibe ich ja Geschichten um gute Fantasy zu schreiben. Ich will nicht bekehren oder irgendwelche Ideen unter die Leute bringen – zumindest nicht mit meinen Büchern. Ich will spannende und gute Geschichten erzählen.
Entsprechend lese ich auch. Eine gute Geschichte ist spannend, gut aufgebaut, mit interessanten Charakteren und kann mich auch mal überraschen. Stereotypen nerven meistens, genauso platte Geschichten und Figuren, auch dann, wenn sie meine eigenen Klischees wiedergeben.
Und doch haben die meisten Menschen Werte und Vorstellungen davon wie die Welt aussieht und funktioniert. Daraus resultieren politische Überzeugungen und Weltbilder und natürlich findet sich meine Vorstellung davon, wie die Welt aussieht und funktioniert in meinen Geschichten wieder.
Es gehört schon ein gewisses Frauenbild dazu, wenn grundsätzlich alle Frauen in einer Geschichte sich für Kleidung interessieren natürlich es als ihr Revier ansehen, die Wohnorte einzurichten und zu gestalten.
Viele der kleinen Interaktionen der Figuren in einer Geschichte basieren darauf, wie wir uns das Miteinander von Menschen (oder auch anderen vernunftbegabten Wesen) vorstellen. Wie weit kommt man mit Freundlichkeit und wie weit mit Drohungen?
Was resultiert daraus, wenn die Obrigkeit mal wegfällt?
Oder auch der Bereich der Sexualität und Verführung: Worauf reagieren die Charaktere einer Geschichte und wie reagieren sie?
Jede Geschichte ist auch politisch, weil sie unsere Einstellung in sich trägt. Ich kann keine interessante Geschichte schreiben, ohne persönlich zu werden, ohne den Figuren Eigenschaften zu geben, sie agieren zu lassen und sie reagieren zu lassen und darin spiegelt sich meine Sicht der Welt und damit meine politische Einstellung wieder.
Das kann sehr dezent geschehen, weil es gewöhnlich gar nicht Ziel der Geschichte ist, die eigene Weltsicht zu verkünden. Gerade, wenn überraschende Wendungen zum Erzählstil gehören, wird gerne mal – als Überraschung – dem Weltbild des Autoren oder der Autorin widersprochen, aber dann eben als Überraschung, mit der man meint nicht zu rechnen.
Wenn die Prinzessin brav im Turm wartet, bis der Prinz sie befreit, dann steckt da eine bestimmte Sicht auf die Welt hinter. Wenn erwartet wird, dass sich die Protagonistin zwischen zwei Liebhabern entscheidet, anstatt einfach beide zu nehmen, steckt auch da eine bestimmte Weltsicht hinter und auch wenn ein Mann sich zwei Frauen nimmt, und diese sich dann ineinander verlieben, steckt dahinter eine bestimmte Weltsicht.
Der Spannung einer Geschichte tut das natürlich keinen Abbruch, zumal ich ja gar nicht unbedingt weiß, wie der Autor, oder die Autorin die Welt sieht.
Ich möchte mit einem Zitat von Terry Pratchet enden: „Das hier habe ich geschrieben, als ich dachte, bei der Fantasy ginge es um Schlachten und Könige. Heute neige ich zu der Ansicht, dass sich gute Fantasy damit befassen sollte, wie man Schlachten vermeidet und ohne Könige zurechtkommt“ (Aus dem ‚Hinweis des Autoren‘ zu seinem Roman „Die Teppichvölker“.
Ja, auch das ist eine politische Aussage.