Schuldfragen

Immer wieder schallt mir etwas entgegen, das wohl ein Argument sein soll, aber doch nur eine moralische Bankrotterklärung ist.

Junge Menschen haben vor ein paar Jahren angefangen, für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Ihre Forderung war dabei genau die, die für Menschen, die schon aus Altergründen nur eingeschränkt die Möglichkeit hatten, sich mit dem Thema und möglichen Lösungen wirklich tiefgehend zu beschäftigen, die Sinnvollste ist:
„Hört auf die Experten.“

Unser Planet wird, wenn wir so weiter machen, sehr bald für uns nur noch teilweise nutzbar sein, wenn überhaupt. Das Klima hat längst Schaden genommen und wir haben jährlich mehrere 10.000 Tote aufgrund von Umweltschäden.
Das ist so, und wird auch nicht besser, wenn wir die Schuld hin und her schieben.

Es ist schon peinlich, wenn das Erwachsene untereinander machen, aber richtig widerlich wird es, wenn Kindern und Teenagern die Verantwortung zu geschoben wird. Diese Sprüche, in denen Erwachsene meinen, die richtige Antwort darauf, dass Teenager darauf drängen, diesen Planet doch nicht komplett zu zerstören, so dass nachfolgende Generationen noch eine Chance haben, sei, den Teenagern die Heizung abzustellen, das Handy abzunehmen und sie möglichst bei Wasser und Brot einzusperren, oder wahlweise im Winter auf die Straße zu setzen.

Nur:
Erwachsene geben ihren Kindern die Smartphones, so sind sie besser erreichbar.
Erwachsene fahren ihre Kinder mit dem Auto zur Schule, denn für die Erwachsenen ist das so bequemer.
Und Erwachsene entscheiden darüber, womit die Wohnung geheizt wird. Wenn also die Heizung in einer Wohnung nicht Klimaneutral ist, wer hat da wohl was falsch gemacht? Genau, die Erwachsenen in dieser Wohnung, eventuell die Person, die die Wohnung vermietet, aber sicher nicht, die dort wohnenden Teenager, die nichts wollen, als diesen Planeten für unsere Nachkommen zu erhalten.

Also, allen, die meinen, das Spiel des Abschiebens von Verantwortung so weit zu treiben, am Ende den Kindern, die am wenigsten dafür können, die Verantwortung für die Welt in die wir sie gesetzt haben zu zuschieben:

Gezeichnet von Britta Nowak.

Es gibt einen Grund dafür, dass Erwachsene so weitreichende Rechte haben, in das Leben von Kindern einzugreifen. Die Kinder wachsen noch auf, lernen noch, und haben keine andere Möglichkeit, als in der Welt zu leben, die anderen vor ihnen so gestaltet haben, wie sie nun mal ist. Kinder sind nicht verantwortlich.

Kinder sind jung, sie sind erst vor kurzem in diese Welt gekommen. Wir müssen ihnen erstmal ein paar Jahrzehnte Zeit geben etwas zu verändern. Wir hatten diese Zeit, und jede:r von uns muss selbst wissen, ob er:sie die Zeit einfach vertan hat, oder an der Dummheit und Gier der anderen gescheitert ist. In keinem Fall können unsere Kinder etwas dafür.

Und, was wichtiger ist als alles andere:
Unsere Kinder, die bei Friday for Future aktiv sind, haben einfach recht.

Also, entweder freuen wir uns doch, dass unsere Kinder unseren Kampf weitertragen und hoffen, dass die nächste Generation mehr Erfolg hat, als wir, oder schämt euch für eure widerliche Ignoranz, stellt eure eigene Heizung aus, verschenkt eure Smartphones und lasst eure stinkenden Dreckschleudern stehen. Schämt euch für euer Versagen und freut euch, dass eure Kinder besser sind als ihr.

An alle die noch jung sind ein Zitat der Ärzte:

Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist. Es ist nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.

Was unsere Demokratie gefährdet

2020 hatte ein großes Thema: Covid 19.

Ich will nun nicht darauf eingehen, was an Maßnahmen ich für sinnvoll halte und was das für unsere Demokratie bedeutet, oder auch nicht. Mir geht es um ein ganz anderes Phänomen: Die steigende Intoleranz gegenüber denen die das anders sehen und die Schuldzuweisungen die damit einhergehen.

Das Tragen eines Mund-Nase-Schutz ist zum Politikum geworden, was ausgesprochen schädlich ist.

Ich trage die Maske nicht aus politischer Überzeugung, sondern weil sie zum Schutz vor Corona beiträgt und ich es ohne größere Einschränkungen kann.

Es gibt aber Menschen die durch eine Maske massiv beeinträchtigt werden, was ebenfalls nichts mit ihrer poltischen Überzeugung zutun hat. Dafür gibt es dann ärztliche Atteste und entsprechende Befreiungen, aber auch Anfeindungen, da andere meinen aus dem krankheitsbedingten Verhalten eine politische Überzeungung ableiten zu können, was natürlich einfach Schwachsinn ist.

Oder das nette Wort „Covidiot“. Das bezeichnet mittlerweile jede und jeden, die den eigenen Level an angesagt erscheinenden Maßnahmen nicht mitträgt. Einem demokratischen Dialog ist es sicher nicht zuträglich, alle die es etwas anders sehen mit Schimpfwörtern zu betiteln.

Wenn soziale Wesen wie die Menschen von einer Epedemie bedroht sind, gibt es nun mal verschiedene Faktoren die zu berücksichtigen sind. Auf der einen Seite das Bedürfnis von Menschen nach menschlicher Nähe und auf der anderen Seite die Bedrohung durch Ansteckung. Es bringt wenig eines davon zu ignorieren und die, die das nicht so können oder auch wollen einfach zu beleidigen.

Den Virus werden wir besiegen. Wir haben einen Impfstoff, und mit der Zeit wird er in ausreichender Menge produziert werden, dass Covid 19 keine Gefahr mehr darstellen wird.

Die Frage ist auf der einen Seite, wie viele Menschen bis dahin an dem Virus sterben und auf der anderen Seite welcher Schaden in der Gesellschaft entsteht, wenn immer wieder wichtige Stützen, die Kitas, Schulen, Sportvereine und Familienhilfen nun mal sind, wegfallen.

Es bringt nichts, mit einem Apfelsinennetz vor dem Mund zur Schule zu gehen, es bringt aber auch genauso wenig Menschen ohne Mund-Nase-Schutz anzugreifen und keine Meinung, die von Drostens Worten abweicht zuzulassen und ständig Schuld bei irgendwelchen imaginären feierwütigen Coronaleugnern zu suchen.

Es ist offensichtlich, dass wir den Virus in Europa nicht ohne Impfung unter Kontrolle bringen, nur macht man es sich zu einfach, wenn man dafür die Bevölkerung verantwortlich macht, die sich angeblich nicht an die Vorgaben hält. Ich fahre morgens mit Bahn und Bus zur Arbeit, und sehe um mich herum viele Leute die alle brav ihre Maske über der Nase tragen. Auch bei der Arbeit wird die Maske getragen und der Abstand gehalten, unterstützt durch Markierungen auf dem Boden.

Da würde ich doch eher mal in die Länder schauen, in denen das alles sehr viel besser klappt. Auffallend sind dort nicht mehr Einschränkungen der Kontakte unter den Menschen sondern unter anderem Quarantänezentren und ein deutlich zielgerichteter Umgang mit dem Virus.

Also, doch Kritik an den Maßnahmen der deutschen Regierung ist durchaus angebracht.

Aber eben auch hier: Zielgerichtet.

Unsere Demokratie ist recht stabil. Punktuelle Einschränkungen auf beschränkte Zeit werden sie kaum gefährden oder gar beenden. Wenn wir aufhören miteinander zu reden und zu diskutieren sieht das allerdings ganz anders aus. Abwertungen und Schuldzuweisungen bringen nichts, als das man aufhört miteinander zu reden und für vorhandene und drängende Probleme Lösungen zu suchen. Sie verhärten nur die Fronten.

Eine kleine Zwischenbemerkung zu meinem letzten Beitrag:

Ja, es gibt da so ein paar Leute im Netz die wirklich seltsam sind.

Aber auch sehr viele tolle Leute, gerade beim Thema Greta und Klimaschutz. Komiker*innen, Schauspieler*innen, Moderator*innen und viele andere, auf deren Beiträge ich bei meinem surfen im Internet gestoßen bin und über die ich mich so richtig gefreut habe.

Schweiger, Pilawa, Hirschhausen, um nur ein paar zu nennen. Leute bei denen ich denke, dass sie aus verschiedenen Ecken kommen, aber eins haben sie doch gemeinsam: Die Zukunft auch derer die nach uns kommen ist ihnen nicht egal. Und da ich ja hier Positives schreiben will, wollte ich da noch einmal drauf eingehen, denn ich habe vieles gelesen, über das ich mich gefreut habe.

„Ihr seid das Imperium und wir sind die Rebellen“

(von Deichkind: Illegale Fans)

Gezeichnet von Hannah Menschel.

Es ist Neujahr und ich denke es ist Zeit, mal etwas über den Fantasy-Rand hinaus zu schreiben.
In diesem Jahr gibt es ein Thema, vor dem ich immer etwas fassungslos stehe:

Da redet ein 16 jähriges Mädchen mal Klartext, und bekommt dafür die Öffentlichkeit, die sie verdient, da ihr Thema wirklich wichtig ist und da meint eine Reihe von Personen, die ich in Ermangelung eines besseren Wortes, das nicht beleidigend ist, „Prominente“ nenne, loshacken zu müssen.

Dabei fallen mir zwei Dinge auf:

Zum einen kommen keine inhaltlichen Argumente: „Sie nervt“ ist definitiv kein Argument. „Ich lass mir das Autofahren nicht verbieten“ auch nicht, das ist das trotzige Aufstampfen mit dem Fuß von Dreijährigen, wenn Mama ihnen die Schaufel weggenommen hat, damit sie aufhören den Sand im Garten zu verteilen.

Zum anderen gibt es in diesem Land ja einige wirklich gute Satiriker, die sehr gezielt Missstände aufs Korn nehmen und anprangern. Keiner von ihnen wendet sich auch nur mit einem Wort gegen Greta Thunberg.

Warum wohl?

Greta hat grundsätzlich Recht.

Klar ist das unbequem, das macht es nicht falsch und dummerweise geht es hier um die Zukunft unserer Spezies. Der Planet wird das alles überstehen, aber er wird sich verändern, und es wird für nachfolgende Generationen verdammt schwer werden, wenn nicht unmöglich, hier zu leben.

Wer Witze über Greta Thunberg macht, positioniert sich politisch. Greta vertritt eine klare Position für Umweltschutz, für die nächsten Generationen und für den Erhalt eines Ökosystems, in dem wir Menschen leben können. Wer sie öffentlich angreift, greift diesen Standpunkt an.
Nur zur Vollständigkeit: Ich gehe auch davon aus, dass Jan Böhmermann nichts für die Politik von Erdogan übrig hat. Auch er hat sich sehr klar positioniert, für die nächsten Generationen und gegen autoritäre Machtpolitik.

Nun kann man sich natürlich auf den Standpunkt stellen, dass das alles egal ist und die Gören sich nicht so anstellen sollen. Hauptsache mir geht es gut und ich habe Spaß. Das sagt dann sehr viel über die entsprechenden Personen, mit Namen wie Nuhr oder Barth, aus, und nichts über Greta.

Man kann sich aber auch dafür interessieren, was aus unseren Kindern, Enkeln und späteren Generationen wird. Und dann nervt Greta nicht, sie warnt und sie hat recht mit ihrer Warnung: „Hört auf die Experten.“ Dass da ein 16 jähriges Mädchen kommen muss, um das zu sagen, ist schon peinlich für alle, die auf dieser Welt etwas zu sagen habe.

Und da dies ein Fantasy-Blog ist, kommt nun ein Bild aus dem Bereich:

Es gibt die Szene in Game of Thrones, in der Cersei Lannister nackt durch King‘s Landing kriecht, gefolgt von einer Septa, die immer wieder nur ein Wort wiederholt: „Shame“

Ja genau:

Gezeichnet von Britta Nowak.

Wenn eine 16-Jährige hochrangige Politiker erst darauf aufmerksam machen muss, dass es dringend angesagt ist, auf die Experten zu hören und entsprechend zu handeln.

Shame

Wenn unsere Bundeskanzlerin sich angesichts dieser Kritik aufführt, wie eine 8 jährige mit Dyskalkulie, die heult, weil sie eine 5 in der Mathearbeit bekommen hat. Ja, in der Grundschule zählt „Ich habe mir doch solche Mühe gegeben“ noch, aber bei einer Regierungschefin?

Shame

Wenn aufgrund von Argumentfreiheit dumme Witze gemacht werden, beleidigt wird oder eine neurologische Störung vorgeschoben wird.

Shame

Wenn zeitgleich als Reaktion auf ein Kinderlied, welches satirisch auf Umweltsünden aufmerksam macht, Morddrohungen ausgesprochen werden.

Shame

Wenn immer noch Kohle abgebaut wird, immer noch AKWs betrieben werden und dafür der Einsatz erneuerbarer Energien erschwert wird.

Shame

Wenn es immer noch Inlandflüge gibt, und die meisten Autofahrten dafür genutzt werden, eine Person samt Aktentasche zur Arbeit und wieder nach Hause zu befördern.

Shame

Wer meint, dass wir jetzt aber bitte ohne Abstriche so weiterleben können, sei wichtiger, als das auch unsere Nachfahren noch in einem zuverlässigen Ökosystem ein gutes Leben führen können.

Shame

Es gab Zeiten, in denen ich meinen Kindern erzählt habe, diese klaren Aufteilungen in richtig und falsch, in Gut und Böse in den Superhelden- und Fantasyfilmen würde so nicht stimmen. Ich sagte, es gäbe doch immer verschiedene Standpunkte und Kriterien, die ihre Berechtigung haben. Ich habe mich geirrt. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem tatsächlich das Fortbestehen der Menschheit auf dem Spiel steht – zumindest unter akzeptablen Bedingungen.

Anfangs meinte ich noch, dass es so sei wie in Avengers Endgame: Thanos will die Hälfte der Menschheit auslöschen, und die Avengers bekämpfen ihn.

Doch das passt nicht, Thanos hat ja das Ziel, dass es der verbleibenden Hälfte besser gehen soll, er zerstört nicht die Lebensgrundlage der letzten Menschen.

Das Imperium passt da besser. Es geht nicht um irgendetwas nur ansatzweise Gutes. Es geht um Macht, um Gier, und schlicht um die eigene Bequemlichkeit – eventuell noch um Spaß.

In diesem Sinne: Ihr seid das Imperium und wir sind die Rebellen.

Auf dem Narrenschiff